Sich Erinnern, Sich Begegnen

Das Dorf Maillé, 8. Oktober 2015

Maison du souvenir de Maillé Maison du souvenir de Maillé

Während ihres Aufenthalts in der Region Centre beschäftigte sich eine deutsche Delegation aus Sachsen-Anhalt am 8. Oktober 2015 mit der tragischen Geschichte des Märtyrerdorfs Maillé. Die Gäste besuchten das dortige „Maison du Souvenir“, einen Ort der Erinnerung an das Massaker vom 25. August 1944, und unterhielten sich mit einem Überlebenden dieser Tragödie.

Am 25. August 1944, als Paris bereits befreit war, wurden 124 Einwohner im Alter von 3 Monaten bis 89 Jahren dieser kleinen Ortschaft in der Touraine von SS-Soldaten brutal ermordet und das Dorf fast komplett zerstört. Dieses Massaker geriet 50 Jahre lang völlig in Vergessenheit und ist auch heute noch kaum bekannt, obgleich es das zweitschlimmste Massaker nach dem von Oradour-sur-Glane ist, das von den Nazis auf französischem Boden verübt wurde. Das Maison du Souvenir in Maillé hat sich das Ziel gesetzt, diese Geschehnisse bekannt zu machen, ihre Anerkennung zu bewirken und die Erinnerung daran wach zu halten. Aus diesem Grund lädt es ganzjährlich zur Besichtigung von Dauer- und Sonderausstellungen, zu einem Film mit Zeitzeugnissen von Überlebenden und zu besonderen Veranstaltungen über Maillé bzw. über weitere Themen mit Bezug auf den Zweiten Weltkrieg oder auf das Schicksal der Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten ein. Seit seiner Eröffnung im Jahre 2006 hat das Haus über 50 000 Besucher aus dem In- und Ausland, sowohl Privatpersonen als auch Schulklassen, empfangen.

Während des Besuchs wurde der Delegation der Ablauf dieses schrecklichen Tages genau geschildert. Dank der Begleitung durch Monsieur Martin, Zeitzeuge und Vorsitzender des Vereins „Pour le Souvenir de Maillé“ der Überlebenden, Angehörigen der Opfer und Sympathisanten, hatten die Gäste Gelegenheit, Berichte eines direkten Zeitzeugen zu erleben und Antworten auf ihre zahlreichen Fragen zu erhalten.

Weiterhin konnten sich die Gäste von der umfangreichen Zusammenarbeit zwischen dem Museum und Einrichtungen in Deutschland überzeugen. Zum Zeitpunkt ihres Besuchs gab es eine Sonderausstellung, die der Widerstandsgruppe junger Deutscher mit dem Namen „Weiße Rose“ gewidmet war. Diese Ausstellung war von der Münchener Weiße-Rose-Stiftung organisiert und für die Förderung der bayerisch-französischen Zusammenarbeit durch die Montgelas-Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Aber diese Partnerschaft ist nicht die einzige dieser Art. Ein Jahr zuvor wurde erstmalig eine andere Sonderausstellung sowie der dazu gehörende Ausstellungskatalog komplett in beiden Sprachen realisiert. In diesem Fall entstand die Ausstellung in Kooperation mit dem Kulturamt des Bodenseekreises und wurde gleichzeitig in beiden Ländern vorgestellt. Sie gehörte zum Programm der Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an den Ersten Weltkrieg und zeigte Porträts von deutschen und französischen Soldaten. Schließlich wurde den Gästen der deutsch-französische Austausch vorgestellt, der jedes Jahr mit sozial benachteiligten Jugendlichen aus Frankreich und Deutschland in Form eines gemeinsamen Workcamps zum Thema der Erinnerung stattfindet. Durch den Aufbau enger Kontakte zu deutschen Partnern leistet das Maison du Souvenir in Maillé seinen eigenen Beitrag zur Versöhnung zwischen beiden Ländern.

Dieser Besuch unserer deutschen Partner war für alle von Emotionen und Besinnung, aber auch von den Ideen der Annäherung und Freundschaft geprägt.