Eine deutsch-französische Reise auf den Spuren des Holocaust
Vom 1. bis 9. April 2017 unternahmen Schüler des Gymnasiums Pithiviers (Loiret) und von drei Gymnasien des Landes Sachsen-Anhalt (Dessau, Magdeburg und Schönebeck) eine Reise in Deutschland und Polen auf den Spuren des Holocaust. Dieses Projekt wurde unterstützt durch die Stiftung zur Erinnerung an die Shoah, die Region Centre-Val de Loire, das Land Sachsen-Anhalt, das deutsch-französische Jugendwerk und das Gedenkstättenmuseum CERCIL für die Kinder des Wintervelodroms. Der nachfolgende Artikel verfolgt das Ziel, den Gesamtumfang, die Ursprünge, die Zielstellungen und den Ablauf des Projekts darzustellen und gleichzeitig eine erste Bilanz zu ziehen, insbesondere in Bezug auf die Vermittlung des Holocaust in den beiden Ländern.
Ursprünge und Zielstellungen
Das Projekt ist Teil des Programms „Sich erinnern, sich begegnen“, das das Ziel verfolgt, die Vermittlung des Holocaust in Frankreich und in Deutschland zu vergleichen. Einige Zielstellungen dieses Projektes waren für alle Schüler gleich, andere wurden spezifisch festgelegt.
Zielstellungen für die französischen Schüler
Durchführung geschichtsbezogener Arbeiten zum Begriff der Erinnerung und Abschluss des Themas „Der Historiker und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg“.
Arbeiten auf dem Gebiet der moralischen und staatsbürgerlichen Erziehung zum Thema „Biologie, Ethik, Gesellschaft und Umwelt“ anhand der Rolle der Ärzteinnung in der Aktion T4 und darüber hinaus bezüglich der europäischen Staatsbürgerschaft.
Unterstützung der Schüler bei Fortschritten in der Praxis der lebenden Sprachen, hier bezüglich der englischen Sprache (da in dieser Klasse kein Deutschunterricht erteilt wird). Zum Programm der Abschlussklasse gehört die Beschäftigung mit der Shoah im Rahmen der Thematik „Gründungsgesten und Welten in Bewegung“ über die Begriffe „Orte und Formen der Macht“ und „Räume und Austausch“ sowie das Prisma der Gebiete von Geschichte und Geographie und der Glaubensrichtungen und Repräsentationen.
Teilnahme an der staatsbürgerlichen Bildung durch Überlegungen zur Erinnerung, aber auch zum Image.
Zielstellungen für die deutschen Schüler
Die historischen Arbeitstechniken sollen ausgebaut werden und die Gedächtnisgeschichte für den Zeitraum 1933 bis 1945 gefestigt werden.
Die Moralerziehung und die Fachkenntnisse in den Bereichen Biologie, Ethik, Sozialkunde sollen vertieft werden, indem sich die Schüler mit der Aktion T4 und den Auswirkungen auf die europäische Bevölkerung beschäftigen.
Die Schüler sollen ihre Sprachkenntnisse erweitern (für die französischen Schüler englisch, für die deutschen Schüler französisch und englisch). In den Lehrplänen beider Länder ist das Thema „Shoah“ für die 12. Klasse vorgesehen.
Die Reise soll dazu beitragen, die Schüler in ihrem Demokratieverständnis zu stärken. Darüber hinaus soll auch das Selbst- und Fremdbild ihrer Nation durch die Bearbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus wahrgenommen und im Sinne eines europäischen Friedensprozesses erweitert und so auch die deutsch-französische Freundschaft gestärkt werden.
Teilnahme an der Herausbildung eines europäischen Bewusstseins, einer europäischen Staatsbürgerschaft durch Austausch zwischen den Schüler und mit polnischen Jugendlichen. Öffnung der Schüler durch Kontakte mit anderen europäischen Jugendlichen und durch das Kennenlernen anderer Länder.
Ablauf
Die Ausgangsidee für die Arbeit in Bezug auf verschiedene Formen und Arten der Erinnerung bestand darin, in Etappen vorzugehen, von den Ursprüngen und den vorbereitenden Aktionen des Holocaust bis zu dessen Umsetzung, nach dem Besuch der relevanten Orte:
Gedenkstätten der Aktion T4, mit welcher der Holocaust vorbereitet wurde, sowohl bezüglich der Mordtechniken als auch hinsichtlich der ideologischen Grundlagen,
Entscheidungsorte in Deutschland, in Berlin, wo der Holocaust beschlossen und von wo aus er geleitet wurde,
erste Orte der Umsetzung mit der Schaffung von Ghettos und der Isolierung der Juden,
Vernichtungsorte.
Vor Beginn der Reise arbeiteten die Schüler von Pithiviers an einer Reihe von Fragen, wobei das Ziel darin bestand, sie vor Beginn der Reise mit den entsprechenden historischen Kenntnissen über die zu besuchenden Orte auszustatten und ihnen zu vermitteln, was dort geschehen war, damit sie dann vor Ort leichter arbeiten und sich durch Beobachtung der Darstellungsformen, Denkmäler usw. Fragen stellen konnten.
Im Fach moralische und staatsbürgerliche Erziehung begannen die Schüler an diesem Thema zu arbeiten, insbesondere durch persönliche Recherchen zur Aktion T4 und durch die Arbeit mit Ausschnitten des Films „Amen“ von Costa-Gavras.
Außerdem beschäftigten sie sich mit der Geschichte der verschiedenen Besuchsorte.
Sie nahmen auch an einer Schulung zum Thema „Fotografie von Gedenkorten“ unter Leitung von Christian Gattinoni teil.