Sich Erinnern, Sich Begegnen

27 Janvier 2022 Journée de la mémoire des génocides et de la prévention des crimes contre l’humanité

Retour en images sur les commémorations du 27 janvier 2022 avec les établissements scolaires du Land de Saxe-Anhalt et de la Région Centre-Val-de-Loire

Die europäische Gedenkkultur und die Kultur des Friedens im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen der Region Centre-Val de Loire und Sachsen-Anhalt

Am 27. Januar 2022 werden deutsche und französische Schüler gemeinsam der Opfer des Holocausts gedenken.

Seit 2013 koordiniert das CERCIL-Musée Mémorial des Enfants du Vel d’Hiv seitens Frankreichs das Programm „Mémoires croisées – Sich erinnern, sich begegnen“, das sich an Lehrer und Schüler aus dem Centre-Val de Loire und aus Sachsen-Anhalt richtet. Fokus des Programms sind Überlegungen, wie die Erinnerung an die Shoah weiter tradiert und eine Kultur des Friedens in Europa entwickelt werden kann.

Dieses Projekt entspricht dem Willen, auf regionaler Ebene einen Beitrag zur Aufklärung über die Geschichte, zur Prävention von Völkermord und im weiteren Sinne zur politischen Bildung zu leisten, sowie nachhaltige und solidarische Gefühle in der Jugendgeneration zu implementieren.

Im Jahr 2022 zwingt uns die Pandemielage die Akteure erneut dazu, uns anzupassen und neue Wege zu beschreiten. Für die Feierlichkeiten am 27. Januar wird das ursprünglich in Präsenz geplante Treffen in ein virtuelles, aber nicht minder reichhaltiges Programm umgewandelt:

Um 9 Uhr findet für die involvierten französischen und deutschen Schulklassen ein virtueller Besuch des CERCIL in Anwesenheit von Frau Delphine BENASSY, der für Kultur und internationale Zusammenarbeit zuständigen Vizepräsidentin der Region Centre-Val de Loire und von Frau Stefanie SASAKI-SELLMER, der Referentin für EU- und internationale Angelegenheiten, fächerübergreifende Themen und schulische Migrationsangelegenheiten des Ministeriums für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt statt.

Um 12 Uhr finden offizielle Gedenkstunden in den Gedenkstätten in Orléans, Pithiviers und Beaune La Rolande statt.

Französische Schüler werden zusammen mit den jungen „Botschaftern der Erinnerung“ („ambassadeurs de la mémoire“ im Sinne Simone Veils) die Tiefe und Intensität der „Mémoires croisées“ zugrunde liegenden deutsch-französischen Freundschaft zum Ausdruck bringen.

Der Katalog: Fotografieren gegen das Vergessen

Vier Klassen aus der Region Centre-Val de Loire und drei aus Sachsen-Anhalt arbeiteten mit zwei Fotografen, einer Deutschen aus Halle, Nancy Jahns und dem in Orléans lebenden Franzosen Christian Gattinoni, um Orte der Erinnerung an die Shoah und ihre Folgen zu besuchen. Diese Veranstaltung fand dank der Programme „Aux arts lycéens“ und „Mémoires croisées“ statt,
an denen das Cercil Musée Mémorial des Enfants du Vel d’Hiv beteiligt ist.

In diesem Buch werden die Fotografien von französischen Gymnasiasten an den Orten der Lager Pithiviers und Beaune-la-Rolande und von deutschen Gymnasiasten der Gedenkstätten Isenschnibbe Gardelegen und Marienborn, ehemals an der Grenze zur BRD, zusammengestellt. Die von den beiden Fotografen an den Orten der Lager der Loiret produzierten Bilder runden das Buch ab. 

Photo Contre L’oubli (calameo.com)

Die unterdrückung der homosexuellen während des zweiten weltkrieges in Frankreich, Arnaud Boulligny, 4 Juli 2019.

  1. Juli 2019 im Abteilungsarchiv des werten Vortragenden: Arnaud Boulligny

Geschichtsverlauf:

Beispiele: Deportation aufgrund von Homosexualität ≠ Homosexualität in den Lagern

Ein wegen seiner Homosexualität Deportierter ≠ ein Deportierter, der homosexuell ist wie z. B.  Aimée Spitz

Bei dieser Frage ist es wichtig, die Zusammenhänge während des Krieges zu berücksichtigen, da sich die Gesetzgebung, die Regierungen sowie die aktiv Beteiligten der Unterdrückung von Land zu Land unterschieden.

In Deutschland verurteilte der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches ausschließlich männliche Homosexualität, die mit einem Schuldspruch und der Deportation geahndet wurde. Von 100.000 protokollierten Personen wurden rund 50.000 verhaftet und 5-15.000 deportiert.

In Frankreich griff man nach der letzten Verbrennung von Homosexuellen im Jahre 1750 auf die Artikel 330 bis 334 des Code pénal (frz. StGB) zur Verurteilung von Homosexualität zurück. Während des 19. Jahrhunderts galten Homosexuelle als psychisch krank. In der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg wurden sie überwacht und oftmals festgenommen. Doch den Anhängern Philippe Pétain galten diese moderaten Maßnahmen als Symptom des moralischen Zusammenbruchs der Nation. Allerdings gab es bereits in der Dritten Republik strengere: so leiteten die Regierungspräsidenten („préfets“) ab dem 18. November 1939 Schritte ein, die Einweisungen in geschlossene Anstalten zur Folge hatten. Es folgten 10 Tage an Massenverhaftungen (bspw. Cannes und Nizza[1]), die sich gegen „sichtbare“ Homosexuelle und diejenigen richteten, die „offenkundig andersherum“ waren. Rund 40 Menschen wurden in der Zitadelle von Sisteron und dem Fort Barraux inhaftiert. Nach einem Jahr ließ man 2/3 der Gefangenen frei. Doch es wurden neben den drei an Erschöpfung verstorbenen Insassen sechs weitere nach Buchenwald deportiert, jedoch aus politischen Gründen (Roter Winkel).

Die Unterdrückung der Homosexuelle wird in Frankreich durch das Gesetz vom 6. August 1942 verstärkt, denn dieses Gesetz führt zur Änderung des Artikels 334 bzw. zur Ausweitung des Begriffs des Anstoßes gegen die Moral und die Sitten („attentat à la morale“) und ging mit einer härteren Repression der „sichtbaren“ Homosexualität einher.

Beispiel : Abel Bonnart, homosexueller Kultusminister Frankreichs, den man la « gestapette » nannte (eine Wortschöpfung aus „Gestapo“ und „tapette“ (abfällig für homosexuell).

Deutschland führte 1935 eine abgeänderte, weiterentwickelte Version des Paragraf 175 ein, die während des Krieges in Frankreich erprobt wurde. Fälle von schwerwiegenderen homosexuellen Straftaten, belangte man mit einer 10-jährigen Freiheitsstrafe, darunter:

Himmler verurteilte scharf die männliche Homosexualität, da sie der Vermehrung der arischen Rasse im Wege stünde und sogar Geburtenrückgänge zur Folge hätte. Ihm zufolge sei die gleichgeschlechtliche Liebe anerzogen, nicht angeboren, sodass sie in den Lagern behandelbar wäre.

So wurden 35 Personen von deutschen Militärgerichten verurteilt und in Zwangsarbeitslager nach Deutschland deportiert. Haftstrafen von einem Monat bis zu 5 Jahren waren möglich, aufgrund „Flirtens“ mit deutschen Offizieren, was um die Sicherheit des Reiches fürchten ließ (Spionage, Erpressung, …).

Beispiel: Albert Michel, Verurteilung 1943 in Mont Saint Aignan (Normandie).

Ebenfalls Verurteilungen auf den Baustellen der Atlantikwall (aus strategischen Gründen)

12 wurden wegen Homosexualität zu Strafen von mehr als ein Jahr verurteilt und nach Deutschland deportiert.

Gestapo (Sipo SD) : 9 Fälle von Verhaftung mit anschließender Deportation mit dem Roten Winkel

Hugues Lambert : Schauspieler, der 1943 nach seiner Rückkehr von einem Pariser Lokal verhaftet. Inhaftiert in Compiègne- Royallieu und Deportation nach Buchenwald 1943.

In Deutschland wurden von insgesamt 115 Beschäftigten des „Pflichtarbeitsdienstes“ (Service du travail obligatoire) und Kriegsgefangenen…

In der Region Elsass-Mosel war die Unterdrückung sehr gewaltsam (vorrangig im Elsass, mit 390 Fällen: 350 Franzosen und 40 Ausländer gegenüber weniger als 20 in der Mosel). So gab es eine Vielzahl an Maßregelungen:

Von den 350 Fällen  wurden 14 in das Lager Natzweiler verfrachtet, 100 zusammen mit ihren Familien deportiert, 130 befanden sich in Polizeigewahrsam, 120 sind nach Paragraf 175 verurteilt worden, 110 kamen in das Sicherungslager Schirmeck-Vorbruck am Niederrhein (Homosexuelle trugen hier einen blauen Balken) und 12 starben schließlich in Gefangenschaft.

Fazit:

550 französische Staatsangehörige waren von verschiedensten Formen der Repression betroffen.

30 wurden in Konzentrationslager überwiesen, 27 starben während oder durch die Folgen ihrer Gefangennahme.

 

(J. Langlois)

[1] Die genauen Datumsangaben dieser Razzien habe ich nicht finden können.

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